Sopranistin Vida Miknevičiūtė
Sopranistin Vida Miknevičiūtė
»Man darf nie denken, dass man alles erreicht hat, was möglich ist. Man kann und muss sich immer weiterentwickeln.«
Spätestens seit Vida Miknevičiūtė im Dezember 2020 für die erkrankte Sonya Yoncheva in Wagners »Lohengrin« an der Berliner Staatsoper eingesprungen ist, befindet sich die litauische Sopranistin auf dem Höhenflug. In unserem Blog erzählt Vida, warum sie sich nicht auf ihrem Erfolg ausruhen möchte und dass für sie das Streben nach Verbesserung weiterhin ein zentrales Thema ist.
Liebe Vida,
vor vielen Jahren habe ich Dich kennengelernt, als Du im Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper gesungen hast. Inzwischen hast Du Dir ein breites Repertoire erarbeitet und bist im jugendlich - dramatischen Fach an alles großen Häusern Europas zu erleben. Erst kürzlich wurdest Du von der Stadt Hamburg zur »Kammersängerin« ernannt. Was glaubst Du, ist das Rezept für so eine »Bilderbuchkarriere«, wie Du sie hingelegt hast?
Mein persönliches Rezept für eine gute Karriere ist eigentlich nichts Außergewöhnliches: Arbeiten. Ich mache das, was ich liebe und der Wunsch, immer besser zu werden, ist für mich ein ganz natürlicher. Ich habe stets viel investiert und mich nie ausgeruht auf den Erfolgen.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Musik ist bei mir bereits seit der Kindheit verwurzelt. Schon als Kind habe ich sehr viel mit meiner Mutter gesungen, dann im Musikgymnasium viele Jahre Klavier gespielt und Dirigieren studiert. Singen war immer meine Leidenschaft und durch professionellen Gesangsunterricht habe ich dann meinen Weg gefunden. Musik ist aus meinem Leben nicht wegzudenken!
Im Augenblick singst Du hauptsächlich die jugendlich-dramatischen Partien im Wagner- und Strauss-Repertoire. Musikalisch fordernde, lange Rollen, für die man eine gute Gesangstechnik benötigt. Nimmst Du noch regelmäßig Gesangsunterricht?
Gerade für das Wagner- und Strauss - Repertoire ist die Vorbereitung sehr intensiv. Ich nehme immer noch sehr viel Unterricht und finde dies auch wichtig, denn die Erarbeitung einer Rolle erfordert eben sehr viel Präzision und auch Erfahrung. Je nach Repertoire arbeite ich mit unterschiedlichen Coaches an der Musik, am Text, an technischen Aspekten. Es ist ein langer Prozess!
Außerdem suche ich mir für jede Vorstellung, die ich singe, etwas heraus, das ich verbessern möchte und darauf fokussiere ich mich. Dass Wagner und Strauss so präsent in meiner Karriere sind, hat sich erst in den letzten Jahren ergeben. Ich fühle mich einfach wahnsinnig wohl mit diesen Partien, und die deutsche Sprache liegt mir gut.
Die Frauenfiguren, die Du verkörperst, sind oft sehr komplexe Charaktere. Wie bereitest Du Dich auf eine solche Rolle vor?
Bei einer neuen Rolle bereite ich zunächst nur das Musikalische vor. Natürlich habe ich eine gewisse Vorstellung davon, wie die Figur aussehen sollte, aber die Arbeit am Charakter kommt eigentlich erst in der Probenphase gemeinsam mit dem Regisseur. Ich mag es nicht, eine Rolle einfach nur darzustellen; sie muss aus mir natürlich kommen, damit eine Authentizität entsteht, die auch das Publikum erreicht. Manchmal gibt es Situationen, wo mir der Zugang schwerfällt, weil ich mit der szenischen Interpretation nicht so viel anfangen kann – aber ich bin dann trotzdem professionell und gebe die Idee des Regisseurs wieder.
Welchen Rat würdest Du jungen Sängern geben, die am Anfang ihrer Karriere stehen?
Der beste Rat für junge Sänger gilt meiner Meinung nach ebenso für alle anderen auch: Arbeiten, arbeiten, arbeiten! Man soll nie denken, dass man alles erreicht hat, was möglich ist. Man kann und muss sich immer weiterentwickeln. Natürlich gibt es Höhen und Tiefen und nicht für alle ist dieser Beruf gemacht; man braucht starke Nerven und eine Gemeinschaft, in der man aufgefangen wird. Gute Freunde und gute Lehrer sind wichtig, ebenso das Vertrauen in einen selbst.
Herzlichen Dank für das Gespräch!