Sopranistin Sydney Mancasola
Sopranistin Sydney Mancasola
Ein besonders interessantes Talent ist die Sopranistin Sydney Mancasola, die gebürtig aus Kalifornien stammt. Im exklusiven Interview erzählt sie mehr über sich und ihr interessantes Leben als Opernsängerin. Sydney Mancasola können Sie live erleben bei unserer Reise nach Amsterdam vom 12.–15. Dezember 2024.
Liebe Sydney,
Du führst ein sehr internationales Leben. Aufgewachsen bist Du in Kalifornien, bist mit einem Briten verheiratet und singst in ganz Europa und den USA, manchmal sogar in Asien und letztens sogar in Muskat. Wo fühlst Du dich zuhause?
Das ist eine gute Frage, denn meiner Meinung nach ist die Vorstellung von einem Zuhause für die meisten Auswanderer oder international Arbeitenden etwas kompliziert. Heutzutage fühle ich mich in Frankfurt am Main am wohlsten, da ich dort seit acht Jahren meine »Basis« habe. Obwohl ich letztes Jahr nur vier Wochen dort verbracht habe, genieße ich die Tage zu Hause, um mich auf das nächste Abenteuer vorzubereiten. Außerdem habe ich mich wirklich in die Stadt Frankfurt und die Menschen, die ich dort getroffen habe, verliebt. Es ist ein überraschend besonderer Ort und auch für Reisezwecke sehr praktisch.
Sicher bringen diese vielen Länder und Arbeitsplätze auch Unterschiede in der Arbeitsweise mit sich. Wie ist es z.B. an einem amerikanischem Haus zu singen im Vergleich zu einem deutschen Opernhaus?
Es gibt viele Unterschiede zwischen den Arbeitsumgebungen in Amerika und Europa. Aufgrund der Beschränkungen des spendenbasierten Finanzierungssystems der Oper in den USA fühlt sich der Prozess in europäischen Häusern tendenziell kreativer an. Es besteht die Angst, etwas zu schaffen, das die Grenzen loyaler und wichtiger Patrone zu sehr überschreitet. Darüber hinaus ist das Standardrepertoire weniger in der Kultur verankert, daher ist es wichtig, einige traditionelle Darstellungen von Opern zu haben, um dem Publikum zu helfen, zu verstehen, wo die Kunstform begonnen hat. Ich sehe in diesem Bereich vielversprechende Veränderungen, da immer mehr US-Unternehmen spannende Risiken eingehen und viel neue Energie in neue amerikanische Opern gesteckt wird, die ein neues Publikum anziehen.
Im Winter wirst Du in Amsterdam in der Barrie Kosky Inszenierung von »Die Fledermaus« singen. Du hast bereits mehrmals in Kosky-Inszenierungen gesungen – was ist Deiner Meinung nach das Besondere daran?
Ich freue mich immer, wenn ich in einer Barrie-Kosky-Produktion mitspielen darf. Ich liebe den verrückten und etwas aus den Fugen geratenen Stil seiner Inszenierungen und ich habe das Gefühl, dass ich durch die Zusammenarbeit mit ihm ermutigt werde, meine kreativen Grenzen zu überschreiten. Selbst in seinen ernsthaften Opern steckt eine spielerische Qualität in seinem Werk, die es dem Zuschauer nahezu unmöglich macht, sich zu langweilen oder sich nicht zu engagieren. Mir gefällt auch, dass seinen Produktionen immer Tiefe und Intelligenz zugrunde liegen. Ich werde Barrie immer dankbar sein, nicht nur dafür, dass er mir einige seiner aufregendsten Heldinnen anvertraut hat, sondern auch, weil er in vielerlei Hinsicht für den Erfolg meiner Karriere verantwortlich ist (ob er es weiß oder nicht). Einer meiner ersten Auftritte in Europa war an der Komischen Oper Berlin.
Wenn man Dich auf der Bühne erlebt, fällt sofort auf, dass Du auch ein ausgeprägtes schauspielerisches Talent hast. Ist es wichtig für Dich, eine Rolle nicht »nur« zu singen, sondern sie ganzheitlich darzustellen?
Für mich sind die Musik und der Charakter einer Rolle nicht zu trennen. Ich habe einen breiten Hintergrund in der klassischen Musik, da ich viele Jahre Geige gespielt habe, aber ich habe in meiner Gesangskarriere nur sehr wenig Konzerte gegeben und war immer lieber darstellend auf einer Opernbühne, weil es mir ehrlich gesagt schwerfällt, zu singen, wenn die Musik nicht von den Impulsen des Dramas geleitet wird. Schon beim Studieren der Partitur fange ich an, über die Charakterisierung nachzudenken und meine Vorstellung von der Figur ist bei der Vorbereitung immer präsent. Auch der Wunsch, in Zukunft als Opernregisseurin zu arbeiten, wächst in mir…
Du hast bereits viele Rollen Deines Fachs gesungen – gibt es eine Rolle, die Dein großer Traum ist und die Du hoffst, eines Tages singen zu dürfen?
Ich habe das Glück, die meisten meiner »Wunsch-Rollen« bereits gesungen zu haben. Eine Rolle, die mir in den Sinn kommt, ist »Thaïs«, denn »Manon« war schon immer wie ein Handschuh und ich würde gerne mehr von dem erkunden, was der Komponist Jules Massenet zu bieten hat, wenn meine Stimme reifer wird. Zwei Rollen, die ich gerne wieder singen würde, sind Leila in »Pêcheurs de perles« und Violetta in »La Traviata«. Lulu (Alban Berg) könnte am Horizont auf mich warten, was sowohl aufregend als auch ein wenig erschreckend ist!
Vielen Dank für das Gespräch!