Sopranistin Maria Bengtsson
Sopranistin Maria Bengtsson
»Für mich haben all diese Frauenrollen etwas sehr Starkes. Wenn man sich zum Beispiel Mozarts »Contessa« (Gräfin) anschaut, hat diese Figur neben all ihrer Traurigkeit eine enorme Klugheit und Witz.«
Maria Bengtsson ist nicht nur bekannt für ihre Ausdruckskraft in Darstellung und Stimme, sondern auch für ihre ausgesprochene Freundlichkeit den Kollegen gegenüber. Die gebürtige Schwedin, die seit vielen Jahren in Berlin lebt, erzählt in unserem Magazin, warum Respekt und Freundlichkeit, aber auch Fleiß und eine gute Vorbereitung für sie so wichtig sind.
Liebe Maria,
wir haben uns bei einer gemeinsamen Opernproduktion in Frankfurt kennengelernt und mir fiel direkt auf, dass Du neben Deiner schönen Stimme auch eine ausgesprochene Freundlichkeit gegenüber deinen Kollegen besitzt. Gehört das für Dich selbstverständlich dazu?
Meiner Meinung nach ist es in jedem Beruf wichtig, seinen Kollegen gegenüber Respekt und Freundlichkeit zu zeigen. Auf der Bühne spielen wir mit sehr vielen unterschiedlichen Gefühlen; Hass, Liebe, Traurigkeit, Freude, alles ist vertreten. Manchmal muss man mit seinem Bühnenpartner eine besonders brutale Szene spielen. Da empfinde ich es fast als noch wichtiger, abseits der Bühne seinem Gegenüber respektvoll entgegenzutreten.
Du bist ursprünglich aus Schweden und lebst jetzt seit vielen Jahren in Berlin. Fühlst Du Dich dort zuhause oder fehlt Dir das Skandinavische?
Ich fühle mich sehr zuhause in Berlin. Meine beiden Kinder sind hier zur Welt gekommen, mein Mann ist hier Gymnasiallehrer. Natürlich vermisse ich meine Familie in Schweden und die schwedische Natur. Wir versuchen so oft wie möglich dorthin zu fahren, damit auch meine Kinder ihre zweite Heimat gut kennenlernen und die Sprache trainieren können.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Zur klassischen Musik bin ich durch meinen Vater gekommen, der professioneller Trompeter ist. Mein Bruder und ich wurden beide sehr früh mit der klassischen Musik vertraut gemacht. Mein Vater hat mein Talent fürs Singen entdeckt und meine Musikalität gefördert; ich habe zunächst Klavierunterricht erhalten und habe dann in verschiedenen Chören gesungen. So fing alles an!
Die meisten großen Rollen Deines Fachs hast Du gesungen, so zum Beispiel die Contessa in Mozarts »Le Nozze di Figaro«, »Daphne« aus der gleichnamigen Oper von Richard Strauss oder auch die Feldmarschallin im »Rosenkavalier«. Welche Rolle fehlt bisher in Deinem Repertoire, die Du unbedingt interpretieren möchtest?
Ich bin überglücklich, wenn ich weiterhin meine Strauss-Partien wie »Arabella« und die »Marschallin« singen kann. Eine Traumrolle für die Zukunft wäre beispielweise die »Desdemona« in Verdis »Otello«; ich würde mich sehr freuen, wenn hierzu eine Anfrage kommen würde!
Viele dieser großen Frauenpartien haben einen sehr komplexen Charakter und sind oft labile oder sogar gebrochene Persönlichkeiten. Wie findest Du den Zugang zu so einer Rolle?
Für mich haben all diese Frauenrollen etwas sehr Starkes. Wenn man sich zum Beispiel Mozarts »Contessa« (Gräfin) anschaut, hat diese Figur neben all ihrer Traurigkeit eine enorme Klugheit und Witz. Sie hat die Zügel in der Hand und führt die Männer in diesem Stück. Anders ist es vielleicht bei Daphne, weil sie eine antike Figur ist. Aber auch sie ist eine Kämpferin und setzt sich gegen die Brutalität der Menschen und für die Natur ein. Man könnte sagen, dass sie eine antike Greta Thunberg ist, eine Art Umweltaktivistin vielleicht.
Hast Du ein spezielles Ritual, bevor Du auf die Bühne gehst?
Mein Ritual am Tag einer Vorstellung ist, dass ich frühmorgens ein bisschen Sport mache und mich dann schon etwas einsinge, ich wärme also den Körper und die Stimme auf. Außerdem bin grundsätzlich immer zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn im Theater, um die Atmosphäre zu spüren; ich mache meine Dehn- und Atemübungen, um zu entspannen und bei schwierigen Partien gehe ich die musikalisch heiklen Stellen immer noch einmal durch und versuche so, mir ein Gefühl von Sicherheit zu schaffen.
Welchen Rat würdest Du jungen Sängern geben, die am Beginn ihrer Karriere stehen?
Man sollte immer gut vorbereitet sein. Durch eine gute Vorbereitung und den Fleiß, den man investiert hat, erlangt man eine gewisse Flexibilität, die wiederum ein sicheres Gefühl gibt.
Herzlichen Dank für das Gespräch!